
Foto ©Matthias Baus
Die Staatsoper Stuttgart lässt derzeit mit LA FEST einen der größten Erfolge der letzten Jahre wieder aufleben.Die Inszenierung stammt von Eric Gauthier, einem 48-jährigen kanadischen Tänzer und Choreografen, dessen künstlerisches Leben immer eng mit der Stadt Stuttgart verbunden war. Von 1996 bis 2006 war Gauthier Mitglied des berühmten Stuttgarter Balletts, wo er seit 2002 auch als Erster Solist die großen Soli historischer Ballette und Neukreationen von Tanzmeistern wie Mauro Bigonzetti, John Neumeier, Nacho Duato und James Kudelka interpretierte. Nach seinem Ausscheiden aus der Kompanie gründete Gauthier 2007 sein eigenes Ensemble Gauthier Dance, das am Theaterhaus beheimatet ist. Zu den wichtigsten Werken, die Gauthier mit seiner Gruppe präsentierte, zählte sicherlich Alice, eine Komposition von Mauro Bigonzetti, für die das Trio Assurd zusammen mit Antongiulio Galeandro und Enza Pagliara den größten Erfolg feierte. Sein Debüt als Theaterregisseur wollte Eric Gauthier, der auch als Musiker aktiv ist, der Staatsoper Stuttgart vorbehalten, für die er die Show mit dem Titel LA FEST konzipierte und gestaltete. Es handelt sich um eine Art Neuinszenierung der antiken höfischen Barockfeste, bestehend aus einem Prolog und einer musikalischen, szenischen und tänzerischen Handlung, gemäß einer Struktur, die auch einige Analogien zu Richard Strauss’ Ariadne auf Naxos aufweist, die ebenfalls aus einem Prolog gefolgt von einer Komödie besteht und in ihrer ersten Version als Eröffnungsvorstellung des aktuellen Theaterstandorts komponiert wurde, das von Max Littmann im September 1912 konzipiert wurde. Im ersten Teil, der die Einführung mit Erklärungen zur Struktur des Theaterfestivals darstellte, behielt sich Eric Gauthier die Rolle des Gastgebers und Moderators vor, indem er nacheinander alle an der Produktion beteiligten Gesangsprotagonisten und Tänzer auf die Bühne rief und sie auch mit dem Publikum interagieren ließ, das aufgefordert wurde, an einer Arie und dem berühmten Einführungschor von Vivaldis Dorilla in Tempe teilzunehmen, der auf die gleiche Melodie wie das erste Konzert des Zyklus der Vier Jahreszeiten geschrieben wurde. Gauthiers Moderation war sehr locker und witzig und schien in dieser Wiederaufnahme dank einiger gut getimter Schnitte noch wirkungsvoller.

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Der wichtigste Teil der Aufführung war natürlich die Feier selbst, konzipiert als szenische Erzählung einer Art nostalgischer Erinnerung an eine ältere Sängerin, die sich wie in einem Traum an ihre Triumphe und die Feierlichkeiten erinnert, an denen sie teilgenommen hat. Eine eher dünne Handlung, die praktisch nur als Vorwand diente, um etwa dreißig Instrumental- und Gesangsnummern anzuhören, ausgewählt aus dem Besten des italienischen, deutschen, englischen, französischen und spanischen Barockrepertoires, arrangiert und dirigiert von Benjamin Bayl, einem 47-jährigen australischen Cembalisten und Dirigenten mit langjähriger Erfahrung als Continuo-Spieler und gegenwärtig stellvertretenden Leiter des Instrumentalensembles Hannover Band, der die Aufführung mit hervorragendem Stilgefühl und philologischer Gewissenhaftigkeit dirigierte. Das Staatsorchester Stuttgart, das in einer Art muschelförmigen Struktur an die Form einer Fernsehshow hinter den Sängern positioniert war, bewies seine hervorragende Fähigkeit, nach der historisch informierten Aufführungspraxis zu spielen, mit wunderschöner Klangqualität und wirklich hervorragender Flexibilität in der Phrasierung.

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Die Gesangsbesetzung bestand aus zwei Sopranistinnen, einem Mezzosopran, einem Countertenor, einem Tenor und einem Bariton, die sich in den Musiknummern gemeinsam mit den hervorragenden Tänzern von Gauthiers Ensemble und dem wie immer von Manuel Pujol vorbereiteten Staatsopernchor abwechselten. Von den Männerstimmen machte mir der ukrainische Countertenor Yuryi Mynenko den besten Eindruck, den man hier bereits in einer Wiederaufnahme des Ariodante hören konnte und der über eine Flexibilität und Homogenität der Register verfügt, die bei Sängern seines Kalibers nicht immer leicht zu finden ist. Hervorragend waren auch die Darbietungen des mexikanischen Tenors Alberto Robert, der eine Stimme von großer Schönheit besitzt, und des 35-jährigen texanischen Bassbaritons Elliot Carlton Hines. Die junge neuseeländische Sopranistin Natasha Te Rupe Wilson, die ebenfalls vor kurzem direkt vom Opernstudio ins Ensemble der Staatsoper wechselte, sang mit angenehmer Stimme und korrekter Gesangstechnik und bewies in ihren virtuosen Passagen viel Selbstvertrauen. Das Beste des Abends gab es aber aus musikalischer Sicht von Claudia Muschio und Diana Haller. Die 29-jährige Sängerin aus Brescia, heute ein Liebling des Stuttgarter Publikums, beeindruckte mit ihrer meisterhaften Beweglichkeit in der schwierigen Arie Ama chi t‘ odia Leonardo Vincis Oper Gismondo re di Polonia, in der sie ihre beste technische Vorbereitung zur Schau stellte, und mit ihrer inspirierten Interpretation von Come nave in mezzo all‘ onde aus Nicola Porporas Siface. Eine weitere hochkarätige Leistung eines jungen Künstlers, dem man mit Sicherheit eine große Zukunft voraussagen kann.

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Diana Haller begeisterte das Publikum bereits im ersten Teil mit einer spektakulären Darbietung von Son qual nave che agitata aus Artaserse von Riccardo Broschi, dem Bruder des berühmten Kastraten Farinelli, der durch seine Fähigkeit, die Koloraturen spektakulär zu gestalten, geradezu elektrisierend wirkte. Die kroatische Sängerin, die mittlerweile den Höhepunkt ihrer technischen und ausdrucksstarken Fähigkeiten erreicht hatte, hatte die Aufgabe, das Fest mit der Arie Alto Giove aus Porporas Polifemo zu beenden, einem perfekten Beispiel pathetischen Stils, vorgetragen mit intensiver Ausdruckskraft und einem Legato instrumentaler Perfektion. Alles in allem eine schöne Show, unterhaltsam, heiter und farbenfroh, die das Stuttgarter Publikum wieder mit Spannung erwartete, was sich daran zeigt, dass sämtliche Vorstellungen dieser Wiederaufnahme nahezu ausverkauft sind und die am Ende mit langem Applaus begrüßt wurde.
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