
Foto ©Wilfried Hösl
Nach dem Ende der regulären Spielzeit bietet die Bayerische Staatsoper traditionell einen Anhang mit den Münchner Opernfestspielen, in deren Programm eine Neuinszenierung in der Regel von einigen Wiederaufnahmen der erfolgreichsten Veranstaltungen begleitet wird. Seit mehreren Jahren versuche ich immer, diesem Zyklus mindestens einen Besuch abzustatten, auch weil man in der bayerischen Landeshauptstadt zu dieser Jahreszeit alle ihre Schönheiten bei herrlicher meteorologischer Lage genießen kann. In diesem Jahr fiel meine Wahl auf die Wiederaufnahme der wunderschönen Inszenierung von Idomeneo, die 2021 zum ersten Mal aufgeführt wurde und die ich damals bereits gesehen hatte. Ich habe mich in diesem Sinne entschieden, weil es eine Ausstellung ist, die für mich eine besondere Bedeutung hat und mir sehr am Herzen liegt, da es die erste Opernaufführung war, das ich nach siebzehn Monaten Abstinenz aufgrund des Pandemie-Wahnsinns gesehen habe. Darüber hinaus ist Mozarts eigens für München geschriebene Oper ein so bewegendes Meisterwerk, dass jede Vorstellung in schwierigen Zeiten, wie wir sie seit vier Jahren erleben, ein schönes Zeichen der Hoffnung darstellt.

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Diese Produktion wurde ursprünglich für das Prinzregententheater konzipiert. Für diese Wiederaufnahme wurde die Aufführung ins Nationaltheater, der Hauptspielstätte der Bayerischen Staatsoper, verlegt. Dies führte zu einigen Änderungen und Ergänzungen der Inszenierung von Antù Romero Nunes, einem vierzigjährigen in Tübingen geborenen Regisseur und Sohn eines Portugiesen und einer Chilenin, der sich an bedeutenden Theatern wie dem Thalia Theater Hamburg und dem Maxim-Gorki-Theater Berlin etablierte und hatte in München bereits die Inszenierungen von Guillaume Tell und Les Vêpres siciliennes gestaltet. Seine Regie basierte auf den szenischen Skulpturen, die die britische Künstlerin Phyllida Barlow in ihrer ersten Rolle als Bühnenbildnerin schuf. Die Welt, die der in Newcastle geborene Bildhauer darstellte, der 2017 für die Gestaltung des britischen Pavillons auf der Biennale von Venedig ausgewählt wurde, war die eines ursprünglichen Chaos, das durch unbestimmte Strukturen veranschaulicht wurde, wobei die Charaktere in von Victoria Bahr entworfene Kostüme einer nicht näher bezeichneten Ära gekleidet waren. Das Gesamtbild war zweifellos von großer Wirkung und der Bühnenaufbau war auf jeden Fall sauber und angenehm, mit einigen wirklich gelungenen Momenten mit guter theatralischer Wirkung.

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Wie schon im Jahr 2021 hat uns der musikalische Teil Momente auf sehr hohem Qualitätsniveau erleben lassen. Am Pult dieser Wiederaufnahme stand Ivor Bolton, ein 66-jähriger englischer Musiker, dem die Bayerische Staatsoper seit mehreren Jahren die Leitung des gesamten Repertoires des 18. Jahrhunderts anvertraut. Sein Dirigat war zweifellos wertvoll für den guten Theaterrhythmus, die Koordination zwischen Orchestergraben und Bühne und eine sehr sorgfältige Umsetzung der Rezitative, unterstützt von einem durchgehenden Bass bestehend aus Orgel, Cello, Barockgitarre, Cembalo und Fortepiano. Die Oper wurde in einer fast vollständigen Fassung aufgeführt und mit weiteren Stücken wie der Arie Non temere, amato bene KV 505 im zweiten Akt und dem Ballett KV 367 am Schluss ergänzt.
Die Besetzung blieb im Vergleich zu den Aufführungen vor drei Jahren nahezu unverändert und so konnten wir erneut die wirklich großartige Leistung von Hanna-Elisabeth Müller als Elettra bewundern. Die 39-jährige Sängerin aus Mannheim, die zuletzt als Contessa delle Nozze und Eva in den Meistersinger große Erfolge an der Wiener Staatsoper feierte, ist eine Künstlerin, die ich seit ihren ersten Auftritten in den Konzerten der Bachakademie Stuttgart verfolge und bewundere. Mit dieser Elettra, die in all ihren tragischen Aspekten staunenswert geprägt ist von einer szenischen und stimmlichen Charakterisierung von unglaublicher dramatischer Intensität, wobei die schwierigen Passagen von kraftvoller Beweglichkeit in den beiden Arien Tutte nel cor vi sento und D’Oreste, d’Aiace mit vollkommener Leichtigkeit überwunden werden, Hanna-Elisabeth Müller bestätigte ihren Status als eine der maßgeblichsten Mozart-Interpretinnen der jungen Generation. Seine Charakterisierung wurde noch vollständiger durch die intensive Wiedergabe der Arie Idol mio im zweiten Akt, die einen äußerst lyrischen Charakter hatte und mit sanften pianissimi und einem hochrangigen legato gesungen wurde. Auch Ilia der 34-jährigen ukrainischen Sopranistin Olga Kulchynska überzeugte durch ihre anmutige Phrasierung und ihr helles Timbre sowie durch ihre Sorgfalt bei der Phrasierung der Arien. Die sehr junge italienisch-kanadische Mezzosopranistin Emily D’Angelo spielte Idamante mit einer zweifellos wertvollen Stimme und beherrschte den technischen Aspekt recht gut, was ihr eine wirklich bemerkenswerte Leistung ermöglichte, ebenso in der berühmten Eingangsarie Non ho colpa e mi condanni, auch des Rezitativs und der Arie mit Klavier Begleitung Ch’ io mi scordi di te? KV 505, geschrieben von Mozart für Nancy Storace auf demselben Text wie eine alternative Arie, die für die Wiener Neufassung von Idomeneo komponiert und in dieser Produktion im zweiten Akt aufgeführt wurde.
Neu im Vergleich zu vor drei Jahren war der Interpret von Idomeneo, der 45-jährige slowakische Tenor Pavol Breslik, der sich in der sehr zentralen Stimmlage der Rolle vielleicht nicht ganz wohl fühlte und in der Arie Fuor del mar eine gewisse Unbeholfenheit zeigte. auch wenn es in der vereinfachten Fassung aufgeführt wird, die für die Überarbeitung des 1786 in Wien aufgeführten Textes geschrieben wurde, was durchaus üblich ist, da nur sehr wenige Sänger in der Lage waren, mit den langen Koloraturpassagen des Originalentwurfs umzugehen. Auf jeden Fall gelang es Breslik, einem technisch gut vorbereiteten und musikalisch intelligenten Sänger, ein durchaus wirkungsvolles Darbietung des unglücklichen Königs von Kreta zu liefern, gut phrasiert und stilistisch passend gesungen. Gut gefiel auch der Auftritt des amerikanischen Tenors Jonas Hacker, der die beiden Arbace-Arien mehr als würdig sang. Das Publikum, das das Nationaltheater fast vollständig füllte, applaudierte am Ende noch lange allen Beteiligten einer wirklich hervorragenden Aufführung.
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