
Foto ©Geoffroy Schied
Die Nacht vor Weihnachten von Rimski-Korsakow wurde von der Bayerischen Staatsoper als erste Neuinszenierung der Saison präsentiert. Bislang hatte das Werk in München noch keine Aufführung erfahren. Es ist die sechste Oper des russischen Komponisten, der Nikolai Gogols gleichnamige Erzählung als literarische Vorlage für das Libretto wählte, das zuvor schon Tschaikowsky für seine Oper Čerevički (Pantoffelchen) verwendet hatte. Rimski-Korsakows Opernwerk ist außerhalb Russlands wenig bekannt, was bedauerlich ist, denn es besticht durch atemberaubende Orchester- und Vokalmusik, deren Instrumentierung wahrhaft unwiderstehliche Klangfarben von exquisiter Schönheit erzeugt. Die Nacht vor Weihnachten ist zudem voller inspirierter Passagen und eines mitreißenden theatralischen Rhythmus. Die Geschichte des Schmieds, der mithilfe des Teufels die Stiefel der Zarin erlangt und damit das Herz seiner Angebeteten erobert, wird dank der durchweg hochkarätigen Musik, reich an volkstümlichen Melodien, die der Komponist meisterhaft ausarbeitet, auf absolut fesselnde Weise erzählt.

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Die Bayerische Staatsoper betraute Barrie Kosky mit der Inszenierung – eine goldrichtige Wahl. Kosky ist ein Regisseur, der in seinen Produktionen stets eine lebhafte Fantasie beweist, und mit einer Partitur dieser Art konnte er seine Kreativität vollends entfalten. Ausgehend von der Idee, dass ein Chor den Dirigenten zu Beginn der Aufführung mit Applaus auf der Bühne begrüßt, war Koskys szenische Inszenierung für ihren Ideenreichtum und ihre erzählerische Lebendigkeit wahrlich bewundernswert. In einer Szene ohne jegliche Zeitangaben, mit Sängern in fast comicartigen Kostümen und Tänzern und Akrobaten, entfaltete sich die Geschichte in einem prächtigen Wechselspiel aus sentimentalen, komischen und grotesken Momenten – ganz ohne Theatralik oder Geschmacklosigkeit. Eine heitere, farbenfrohe Inszenierung, in Konzeption und Bühnenbild wahrhaft perfekt und zweifellos eine der größten Leistungen in Barrie Koskys Regiearbeit.

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Auch die musikalische Darbietung war zweifellos von höchster Qualität. Vladimir Jurowski ist ein profunder Kenner der Musik Rimski-Korsakows, und sein Dirigat war in seiner Fantasie, dynamischen Fülle, seinem Phrasierungssinn und seiner Klangschönheit absolut beispielhaft. Diese Aspekte wurden vom Bayerischen Staatsorchester exquisit umgesetzt, das in einer Partitur wie dieser die Gelegenheit hatte, sein gesamtes technisches Können unter Beweis zu stellen. Die Interpretation des russisch-deutschen Maestros setzte Maßstäbe und weckte in mir den Wunsch, ihn Opern wie Die Zarenbraut oder Der goldene Hahn dirigieren zu hören, die er beide mit Sicherheit mitreißend interpretieren könnte.

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Den glanzvollen künstlerischen Erfolg dieser Aufführung, die einem großen internationalen Theater wahrlich würdig war, rundete eine homogene und durchweg exzellente Besetzung ab. Die beste Leistung bot zweifellos die russische Sopranistin Elena Tsallagova, die vor drei Jahren in München eine brillante Bystrouška in Janáčeks Das schlaue Füchslein sang. Mit ihrer wunderschönen Stimme und ihrem großen Umfang verkörperte sie eine lebhafte, sentimentale und zugleich entschlossene, fast kühne Oksana. Der Petersburger Tenor Sergej Skorochodow gab den Schmied Wakula mit kraftvoller Stimme und guter Projektion. Unter den tieferen Männerstimmen stach der finnische Bass Matti Turunen hervor, der als Kosak Pazjuk mit seiner Schönheit und Tiefe wahrhaftig bezauberte. Bühnenbildlich und darstellerisch waren die Darbietungen von Ekaterina Semenchuk als Sorocha, des Berliner Tenors Tansel Akzeybek als Teufel und des Basses Dmitry Ulyanov als Tschub, Oksanas Vater, mit ihrem komischen Witz und ihrer Schlagfertigkeit schlichtweg unwiderstehlich. Auch die Leistungen aller Nebenrollen waren makellos. Das Publikum amüsierte sich prächtig, und die Aufführung dieser Oper, die – wie so viele andere Werke des russischen Repertoires – wahrlich eine Wiederentdeckung verdient, feierte einen triumphalen Erfolg.
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