Badisches Staatstheater Karlsruhe – Lohengrin

Foto ©Felix Grünschloß

Der Besuch einer Wagner-Aufführung in Karlsruhe ist ein ganz besonderes Erlebnis, angesichts der engen Verbindung zwischen der Musik des Meisters und der badischen Hauptstadt. Richard Wagners langjährige Beziehung zu Karlsruhe war in der Tat tief verwurzelt. Nach seiner Flucht aus Dresden infolge seiner Beteiligung am Maiaufstand von 1849 gewährte ihm Großherzog Friedrich I. von Baden Schutz und Gastfreundschaft und bemühte sich über den Theaterdirektor Eduard Devrient auch um Arbeitsmöglichkeiten für ihn. Zwischen 1861 und 1863 hielt sich der Komponist sieben Mal in der Stadt auf, und ein weiteres Mal im Jahr 1872. Am 14. November 1863 dirigierte Wagner im Hoftheater ein Konzert mit Auszügen aus seinen noch unveröffentlichten Werken wie Tristan, den Meistersingern und Siegfried vor einem Publikum aus Adligen und bedeutenden Künstlern wie dem russischen Schriftsteller Iwan Turgenjew. Der Abend war so erfolgreich, dass er fünf Tage später wiederholt werden musste. Der Maestro erwog ernsthaft, Tristan und Isolde erstmals im Hoftheater aufzuführen, doch aus verschiedenen praktischen Gründen erwies sich dies als unmöglich. Karlsruhe war jedoch eine der ersten deutschen Städte, die eine Tradition von Wagner-Aufführungen begründete. Diese begann 1864 mit der Ernennung Hermann Levis zum Hofkapellmeister. Levi war der Dirigent, dem Wagner später die Uraufführung von Parsifal anvertraute. Diese Tradition intensivierte sich, als 1880 Felix Mottl das Amt übernahm. Er hatte Hans Richter bei den Vorbereitungen des Rings für dessen Premiere 1876 in Bayreuth unterstützt und war nach Wagners Tod einer der gefragtesten Dirigenten am Festspielhaus, wo er 69 Aufführungen dirigierte. Wie Cosima Wagner bezeugte, konnte Bayreuth stets auf eine beträchtliche Anzahl von Orchester-, Chor- und Technikmitarbeitern aus Karlsruhe zählen, der Geburtsstadt bedeutender Wagner-Sänger wie Ludwig und Malvina Schnorr von Carolsfeld, den ersten Interpreten der Rollen von Tristan und Isolde. Nachdem Felix Mottl Karlsruhe verließ, um an die Metropolitan Opera in New York zu wechseln, wurde die Fortführung der Wagner-Tradition seinem Nachfolger Michael Balling anvertraut, der ebenfalls in Bayreuth tätig war, zunächst als Bratschist und später als Dirigent, und später Josef Krips und vor allem Joseph Keilberth, einem gebürtigen Karlsruher, der von 1935 bis 1940 Generalmusikdirektor war und nach dem Krieg zu einem der international gefeiertsten Wagner-Interpreten avancierte. Noch heute erfreuen sich die Wagner-Inszenierungen des Badischen Staatstheaters großer Beliebtheit beim deutschen Publikum und der Kritik.

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Die Bühnengestaltung dieser Neuinszenierung von Lohengrin übernahm Manuel Schmitt, ein 37-jähriger Theater- und Filmregisseur aus dem Ruhrgebiet. Er arbeitete erstmals am Badischen Staatstheater und hatte zuvor mit seinen Operninszenierungen an Häusern wie der Oper Frankfurt, der Deutschen Oper am Rhein, der Bayerischen Staatsoper und dem Staatstheater Nürnberg große Erfolge gefeiert. Im Zentrum von Julius Theodor Semmelmanns Bühnenbild stand Richard Wagners Grab im Park der Villa Wahnfried in Bayreuth. Um dieses Grab herum gruppierten sich weitere Elemente und schufen so eine Gesamtatmosphäre, die die mittelalterliche germanische Legende in eine Reflexion über Machtmissbrauch und blinden Gehorsam der Massen verwandelte. Der Protagonist wird durch das reflektierte Licht eines Spiegels inmitten des Publikums evoziert, und sein Verhalten spiegelt die Unsicherheit eines Menschen wider, der sich einer schwierigen Aufgabe nicht gewachsen fühlt. Im dritten Akt verwandelt sich Lohengrins und Elsas Brautgemach in einen beengten und bedrückenden Raum, der sich bis zur Schlussszene in eine düstere Umgebung wandelt, in der eine uniformierte und vollständig indoktrinierte Bevölkerung agiert. Als exemplarische Geschichte über die Vereinnahmung von Wagners Musik durch die NS-Diktatur besaß die Inszenierung zweifellos eine überzeugende Logik und bot zudem einige Momente herausragenden Theaters.

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Auch die musikalische Darbietung war exzellent, vor allem dank des fachkundigen und kompetenten Dirigats von Georg Fritzsch, einem 62-jährigen Musiker aus Maissen in Sachsen. Er hat sich in der deutschen Musikwelt durch seine Tätigkeit als Generalmusikdirektor in Kiel und nun in Karlsruhe sowie durch zahlreiche Gastauftritte, darunter der Ring des Nibelungen am Grand Théâtre de Genève, einen Namen gemacht, der von der internationalen Kritik hochgelobt wurde. Jedes Mal, wenn ich ihn hörte, hatte ich den Eindruck eines erfahrenen und kompetenten Dirigenten, begabt mit solider und sicherer Technik, ein wahrer Kapellmeister im positiven Sinne des Wortes, der einen echten Theatermann, einen demütigen Diener der Musik und der Bühne, bezeichnet. Persönlich habe ich diese Art von Dirigenten immer sehr geschätzt: hochqualifizierte Musiker, die die lobenswerte Verbreitung eines breiten und vielfältigen Repertoires dem Reiz des Starruhms vorziehen. Unter seiner Leitung spielte die Badische Staatskapelle in absolut vorbildlicher Weise, sowohl was die Klangschönheit als auch den Zusammenhalt des Ensembles betrifft.

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Die Vokalbesetzung, die sich größtenteils aus Festmitgliedern des Ensembles des Badischen Staatstheaters zusammensetzte, wirkte sehr homogen und ausgewogen. Besonders hervorzuheben waren die kraftvolle, herrische und hochdramatische Ortrud der Mezzosopranistin Barbara Dobrzanska und der Telramund des koreanischen Baritons Kihun Yoon, deren präzise Phrasierung Momente der Qual mit Ausbrüchen wilder Gewalt abwechselte. Der russische Bassist Konstantin Gorny, langjähriges Mitglied des Karlsruher Ensembles, überzeugte als König Heinrich mit einer beeindruckenden Darbietung. Der japanische Bariton Tomohiro Takada beeindruckte als Heerrufer durch seine Stimmkraft. Die finnische Sopranistin Pauliina Linnosaari verkörperte eine unterwürfige und ängstliche Elsa mit einer interessanten Stimmfarbe, die in den hohen Lagen jedoch etwas schrill klang. Mirko Roschkowsky, der Lohengrin sang, bot dank seiner exzellenten Beherrschung des mezzavoce und seines ausdrucksstarken Akzents eine überzeugende Darstellung des Gralsritters. Das Haus war bis auf den letzten Platz gefüllt, und die Aufführung war ein großer Erfolg für alle Beteiligten.


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