
Foto ©Geoffroy Schied
Peter Konwitschnys Inszenierung des Fliegenden Holländers aus dem Jahr 2006 hat sich im Laufe der Jahre zu einer wahren Ikone der Bayerischen Staatsoper entwickelt, wird fast jede Saison aufgeführt und zieht stets ein riesiges Publikum an. Es handelt sich um eine der besten Wagner-Aufführungen des sächsischen Regisseurs, die auch heute noch durch ihre visuelle Umsetzung besticht, die klassische und moderne Elemente vereint und so die Handlung wirkungsvoll und überzeugend erzählt. Darüber hinaus ist der Regisseur, eine der Ikonen der deutschen Theaterwelt und Sohn des legendären Dirigenten Franz Konwitschny, einer der wenigen seines Fachs, der sich auch auf technischer Ebene mit Musik auskennt und seine Aufführungen, selbst jene mit einer stark forcierten Dramaturgie, widersprechen nie den musikalischen Beweggründen der Partitur.

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Wie in seiner Inszenierung der Götterdämmerung für die Staatsoper Stuttgart ist Konwitschnys Bühnenbild für den ersten Akt ganz im traditionellen Stil gehalten, auch wenn die Matrosen des Geisterschiffs Kleidung aus dem 17. Jahrhundert tragen, die im Kontrast zur modernen Kleidung der Niederländer steht. Während Holländers Eingangsmonolog erscheint eine weibliche, engelsgleiche Gestalt in Weiß, die seinen unerfüllten Wunsch nach Erlösung symbolisieren soll. Im zweiten Akt erleben wir einen spektakulären Stimmungswechsel und die Spinnesstube wird zum Fitnessstudio, in dem die Mädchen auf zahlreichen Heimtrainern in die Pedale treten, während Senta mit dem Porträt von Holländer abseits steht, das Erik anschließend in einem Anfall von Eifersucht zerstört. Im weiteren Verlauf der Geschichte wird Sentas rebellische Natur immer deutlicher, da sie die Heirat mit dem Fremden, den ihr Vater ihr vorgestellt hat, akzeptieren möchte, um einer bedrückenden Umgebung zu entfliehen.

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Im dritten Akt wirft die Protagonistin, die verzweifelt ist, weil ihr Traum von der Emanzipation durch Holländers Ablehnung ihrer Heirat zerplatzt, eine Fackel gegen ein Fass, wodurch eine Explosion entsteht, bei der alle sterben. Im Raum wird es dunkel, und die letzten Takte der Musik, die der Originalversion von 1845 entsprechen, stammen von einem Tonband. Zusammenfassend lässt sich sagen: Eine Inszenierung, die auch nach fast zwanzig Jahren nichts von ihrer theatralischen Kraft eingebüßt hat und den Zuschauer noch heute mit ihrer Ausdruckskraft beeindruckt. Hervorzuheben ist auch, dass Konwitschny die Sänger nie dazu zwingt, in unnatürlichen Positionen aufzutreten, etwa auf dem Boden zu liegen oder sich in sexuellen Simulationen von fragwürdigem Geschmack zu verrenken, wie dies bei vielen seiner heutigen Kollegen der Fall ist.

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Nach Dutzenden von Aufführungen ist die Inszenierung selbst bei einer völlig neuen Besetzungsaufstellung wie in diesem Fall perfekt eingespielt. Für diese Wiederaufnahme hat die Bayerische Staatsoper einige der derzeit besten Wagner-Sänger unter der Leitung des 44-jährigen Patrick Lange, ehemaliger Generalmusikdirektor des Staatstheaters Wiesbaden und regelmäßiger Gast in den Münchner Spielzeiten, zusammengebracht. Sein Dirigat war voller theatralischer Energie, basierte auf anhaltenden Rhythmen und einer starken Betonung der Melodielinien, auch wenn man manchmal eine etwas unvollkommene Balance in den Instrumentalabschnitten spüren konnte, wobei die Blechblasinstrumente den Rest des Orchesters zu übertönen schienen.
Was die Gesangsbesetzung betrifft, so schien mir die beste Leistung die von Nicholas Brownlee zu sein, einem 35-jährigen amerikanischen Bassbariton aus dem Ensemble der Oper Frankfurt, wo ich ihn in hervorragenden Interpretationen von Hans Sachs und Macbeth gehört hatte und der nach seiner vielgelobten Darstellung des Wotan im Rheingold im vergangenen November an die Bayerische Staatsoper zurückkehrte. Brownlee gab sein Debüt als Holländer erst vor zwei Jahren an der Santa Fe Opera, zeigte jedoch eine Phrasierung von großer Intensität und ausdrucksstarker Reife und porträtierte den gequälten und dunklen Charakter des Protagonisten sehr gut. Die finnische Sopranistin Camilla Nylund meisterte Sentas rauen, angespannten Gesang problemlos, auch wenn ihre Aussprache stets schwer zu verstehen war. Fachlich einwandfrei präsentierte sich der Daland des 62-jährigen rheinischen Basses Franz-Josef Selig, dessen dunkle und imposante Stimme trotz seines hohen Alters noch immer ein autoritäres Timbre bewahrt. Der 45-jährige deutsche Tenor Benjamin Bruns spielte Erik mit einer recht sonoren Stimme und guter stimmlicher Sicherheit. Ebenfalls angemessen waren die Leistungen von Natalie Lewis als Mary und Tansel Akzeybek als Steuermann. Ein toller Erfolg und lang anhaltender Applaus vom Münchner Publikum, das, wie Alt-Intendant Nikolaus Bachler einmal sagte, Wagner wahrlich in seiner DNA trägt.
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