Bayreuther Festspiele 2024 – Tristan und Isolde

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Foto ©Enrico Nawrath

Die zweite Aufführung, die ich während meines Aufenthaltes in Bayreuth gesehen habe, war die Neuinszenierung von Tristan und Isolde, die nach nur zwei Jahren das wertvolle und erflogreiche Bühnenwerk von Roland Schwab ablöste. Mit der Neuinszenierung wurde der 48-jährige isländische Regisseur Thorleifur Örn Arnarsson beauftragt, der in Deutschland für seine Inszenierungen von Prosawerken an bedeutenden Häusern wie dem Schauspiel Hannover, dem Burgtheater Wien, dem Thalia Theater Hamburg und an der Volksbühne Berlin, dessen Schauspieldirektor er zwei Jahre lang war, gut bekannt ist. Leider war der visuelle Teil der Aufführung etwas enttäuschend. Die Regie war meiner Meinung nach eher mittelmäßig und schwerfällig und für mich war ganz klar, dass Arnasson, der sich mit einer wesentlichen und kargen Dramaturgie wie der von Tristan und Isolde beschäftigt war, so speziell und auf das Wesentliche reduziert ist, dass der Autor sie selbst definiert als Handlung in drei Aufzügen und nicht als Musikdrama präsentierte eine eher banale Bühnenverwirklichung aller komplexen Probleme, die in der von Wagner konzipierten Theaterauffassung enthalten sind. Im Grunde handelte es sich um eine Inszenierung, die nicht an das Niveau der Vorgängerin heranreichte, die viel besser konzipiert und gelöst war. Auch die Bühnenbilder wirkten etwa hässlich und unansehnlich, insbesondere die des zweiten und dritten Akts, wo die übermäßige Präsenz von Gegenständen eher die Atmosphäre eines Secondhand-Ladens als die eines Dramas um Liebe und Tod hervorrief.

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Foto ©Enrico Nawrath

Selbst der musikalische Teil hat mich nicht ganz zufriedengestellt. Semyon Bichkov, der nach Parsifal vor einigen Jahren wieder in den Orchestergraben des Festspielhauses musizierte, dirigierte durchaus überzeugend mit dem richtigen Maß an Leidenschaft und einer gewissenhaften Suche nach abwechslungsreichen und raffinierten Orchesterfarben. Nach einem gut aufgeführt aber eher unpersonlich ersten Akt gewann seine Interpretation an Schwung, bis sie zu einem wirklich bemerkenswerten dritten Akt gelangte, der durch seine theatralische Aufladung und das sublimierte Gefühl des Leidens überzeugte. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es sich um ein Dirigat von bemerkenswerter Qualität handelte.

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Foto ©Enrico Nawrath

Was die Stimmenbesetzung angeht, waren wir mit einer Reihe von Stärken und Schwächen konfrontiert. Camilla Nylund, die die Rolle der Isolde debütierte, sang mit Selbstvertrauen und Leichtigkeit, auch wenn ihre Aussprache so schlecht war, dass es an vielen Stellen schwierig war, die Worte des Textes zu verstehen. Andreas Schager, der beste Wagner-Tenor unserer Zeit, ging in den ersten beiden Akten recht behutsam mit der Stimme um. Dabei konnte er die enormen stimmlichen Schwierigkeiten des dritten Akts problemlos überwinden und fand auch in den beiden Monologen schöne Nuancen in der Phrasierung. Uninteressant wirkten die Auftritte von Olafur Sigurdalson (Kurwenal) und Christa Mayer (Brangäne), deren Stimmen beide ziemlich grau und anonym klangen. Völlig unpassend war die Charakterisierung König Markes durch den Südtiroler Bass Günther Groissböck, der mit einem zornigen, fast Canio-artigen Tonfall den Monolog sang, in dem der alte König die Enttäuschung und Bitterkeit angesichts des begangenen Verrats zum Ausdruck bringen sollte von seinem besten Freund. Ich weiß nicht, ob dies die Idee des Sängers, des Dirigenten oder des Regisseurs war, aber auf jeden Fall war dies eine völlige Fehldarstellung des Charakters der Rolle. Auch die Leistung der Nebenpartien war gut und ein besonderes Lob gebührt am Ende dem großartigen Orchester der Bayreuther Festspiele, dessen sehr hohes technisches Niveau durch die sensationelle Akustik des Theaters, die alle kleinsten instrumentalen Nuancen zulässt, maximal gesteigert wird, wahrgenommen werden. Auch aus diesem Grund ist der Besuch einer Aufführung der Bayreuther Festspiele ein wirklich einzigartiges Erlebnis.


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