
Foto ©Geoffroy Schied
In deutschen Opernheatern ist es oft üblich, die Adventszeit mit Aufführungen von Hänsel und Gretel zu beginnen, dem berühmten Märchen der Brüder Grimm, das von Adelheid Wette, der Schwester des nordrhein-westfalischen Komponisten Engelbert Humperdinck, zu einem Opernlibretto bearbeitet wurde. Mit dieser wunderbaren Partitur feierte Humperdinck internationale Erfolge und machte sie bis heute zu einer der meistgespielten Opern der Welt. Die frischen und beschwingten Melodien, das wirkungsvolle Libretto und der Charme des Märchens machen diese Oper zu einem sicheren Erfolg, und Arien wie Brüderchen, komm tanz mit mir sind beliebte Kinderlieder in Kindergärten und Grundschulen geworden. Humperdincks Werk eignet sich daher hervorragend, um Kinder an die Welt der Oper heranzuführen. Auch bei dieser Aufführung waren zahlreiche junge Zuschauer im Theater anwesend, die der Vorstellung aufmerksam folgten und sie sichtlich genossen.

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Die von Richard Jones für die Bayerische Staatsoper entworfene Inszenierung stammt aus dem Jahr 2013 und wurde bereits mehrfach wiederaufgeführt. Die Bühnenfassung, die vom britischen Regisseur – der bereits fünf weitere Produktionen an der Bayerischen Staatsoper inszeniert hat – konzipiert wurde, folgt der Märchenhandlung getreu, ohne auf unnötige, billige psychoanalytische Anspielungen zurückzugreifen. John Macfarlanes farbenfrohe und fantasievolle Bühnenbilder und Kostüme tragen zu einer lebendigen und insgesamt eleganten Atmosphäre bei. Alles in allem ist es eine sehr unterhaltsame und reizvolle Aufführung. Der dritte Akt war besonders gelungen, vor allem die Knusperhäuschen-Szene, die mit viel Humor und wahrhaft amüsanter Originalität gestaltet wurde.

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Auch musikalisch bot die Produktion des Nationaltheaters ein hohes Niveau. Dies ist vor allem dem hervorragenden Dirigat von Vladimir Jurowski zu verdanken, der mit dieser Produktion seine fünfte Spielzeit als Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper begann. Der feine und transparente Klang, die sorgfältige Dynamik, die lebendige Phrasierung des Orchesters und die exquisite Entwicklung der Melodielinien waren die prägnanten Merkmale einer Dirigierleistung von erzählerischer und theatralischer Kraft, die vom Bayerischen Staatsorchester mit einem weichen und leuchtenden Klang traumhaft umgesetzt wurde. Vor diesem nahezu idealen klanglichen Fundament boten die sechs Solosänger, insbesondere die beiden Hauptdarstellerinnen, eine exzellente Leistung.

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Hänsel wurde von Rachel Wilson gesungen, einer jungen amerikanischen Mezzosopranistin, die ihre Karriere als Mitglied des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper begann und bis 2019 zum Ensemble gehörte. Die in Las Vegas geborene Sängerin ist eine sensible, musikalische Interpretin, die den Nuancen des Textes große Aufmerksamkeit schenkt und über eine angenehme und technisch sehr gut geführte Stimme verfügt. Nikola Hillebrand, eine der besten deutschen Sängerinnen der jüngeren Generation, verkörperte mit ihrer süßen, weichen Stimme und ihrer kultivierten, präzisen Diktion eine anmutige, geistreiche, lebendige und fesselnd interpretierende Gretel. Der junge taiwanesische Tenor Ya-Chung Huang stellte sein bemerkenswertes schauspielerisches Talent in einer wahrhaft unwiderstehlichen Darstellung der Knusperhexe unter Beweis. Ebenfalls lobenswert waren die Darbietungen von Juliane Banse, einer renommierten Opernsängerin der letzten Jahrzehnte, und des Baritons Thomas Mole als Hänsel und Gretels Eltern, sowie die der sehr jungen Meg Brilleslyper und Iana Aivazian als Sandmännchen und Taumännchen und des von Kamila Akhmedjanova einstudierten Kinderchors. Es war ein triumphaler Erfolg, insbesondere beim jungen Publikum, das den Dirigenten und die gesamte Besetzung für eine wahrhaft entzückende Aufführung begeistert beklatschte.
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